Was tun bei Zerrungen oder Verstauchungen im Kniebereich? 

Richtig reagieren bei akuten Knieverletzungen: Sofortmaßnahmen können Folgeschäden verhindern 

Als Facharzt für Orthopädie erlebe ich täglich, wie ein unachtsamer Moment zu schmerzhaften Knieverletzungen führt. Ein falscher Schritt beim Sport, ein Stolpern im Alltag oder eine ruckartige Bewegung – und plötzlich meldet sich das Knie mit stechenden Schmerzen. Zerrungen und Verstauchungen gehören zu den häufigsten Knieverletzungen, werden aber oft unterschätzt. Dabei entscheiden die ersten Minuten und Stunden nach der Verletzung maßgeblich über den Heilungsverlauf. 

Zerrung oder Verstauchung – Was ist der Unterschied? 

Beide Verletzungsarten betreffen die weichen Strukturen des Kniegelenks, haben aber unterschiedliche Ursachen und Auswirkungen: 

Zerrung (Distorsion der Muskulatur) 

Was passiert: Die Muskelfasern oder Sehnen werden über ihre normale Länge hinaus gedehnt oder einige Fasern reißen sogar. 

Typische Ursachen: 

  • Plötzliche, ruckartige Bewegungen 

  • Überdehnung bei Sport 

  • Unzureichendes Aufwärmen 

  • Muskuläre Erschöpfung 

Betroffene Strukturen: 

  • Oberschenkelmuskulatur (Quadrizeps) 

  • Rückseite des Oberschenkels (Hamstrings) 

  • Wadenmuskulatur 

  • Sehnenansätze am Knie 

Verstauchung (Distorsion des Gelenks) 

Was passiert: Die Gelenkkapsel und die Bänder werden überdehnt oder teilweise eingerissen, ohne dass das Gelenk ausgerenkt wird. 

Typische Ursachen: 

  • Umknicken oder Verdrehen des Knies 

  • Sturz mit verdrehtem Bein 

  • Plötzlicher Richtungswechsel beim Sport 

  • Aufprall von außen auf das Knie 

Betroffene Strukturen: 

  • Innen- und Außenband 

  • Gelenkkapsel 

  • Menisken (bei schweren Verstauchungen) 

Sofortige Symptome richtig deuten 

Zerrung erkennen: 

Typische Anzeichen: 

  • Plötzlicher, stechender Schmerz während der Bewegung 

  • Krampfartiger Schmerz in der betroffenen Muskulatur 

  • Verhärtung oder "Knoten" im Muskel spürbar 

  • Schmerz verstärkt sich bei Anspannung des Muskels 

  • Meist kein sichtbarer Bluterguss anfangs 

Schweregrade: 

  • Grad 1: Leichte Überdehnung, minimale Schmerzen 

  • Grad 2: Teilweise Faserrisse, deutliche Schmerzen und Funktionseinschränkung 

  • Grad 3: Kompletter Muskel-/Sehnenriss, starke Schmerzen, Funktionsausfall 

Verstauchung erkennen: 

Typische Anzeichen: 

  • Sofortiger, intensiver Schmerz im Gelenkbereich 

  • Schnelle Schwellung des Kniegelenks 

  • Bluterguss entwickelt sich meist innerhalb von Stunden 

  • Instabilitätsgefühl beim Gehen 

  • Bewegungseinschränkung durch Schmerz und Schwellung 

Schweregrade: 

  • Grad 1: Bänder überdehnt, leichte Schmerzen 

  • Grad 2: Teilriss der Bänder, deutliche Schwellung und Instabilität 

  • Grad 3: Kompletter Bandriss, starke Schwellung, erhebliche Instabilität 

 

Wann Sie unbedingt zum Arzt müssen 

Sofortige ärztliche Behandlung erforderlich bei: 

Alarmsignale: 

  • Unfähigkeit, das Bein zu belasten oder zu gehen 

  • Sichtbare Deformierung des Knies 

  • Taubheitsgefühl oder Kribbeln im Unterschenkel/Fuß 

  • Knie lässt sich nicht mehr bewegen 

  • Starke, kontinuierliche Schmerzen trotz Schmerzmittel 

  • Ausgeprägtes Instabilitätsgefühl 

  • Verfärbung des Unterschenkels oder Fußes 

Ärztliche Abklärung innerhalb von 24 Stunden bei: 

  • Deutlicher Schwellung des gesamten Knies 

  • Großflächigem Bluterguss 

  • Anhaltenden starken Schmerzen 

  • Gehbeschwerden 

  • Unsicherheit über die Schwere der Verletzung 

Kontrolle nach 2-3 Tagen empfehlenswert bei: 

  • Keiner Besserung der Symptome 

  • Zunehmender Schwellung 

  • Verschlechterung der Beweglichkeit 

Mein ärztlicher Rat 

Nehmen Sie Zerrungen und Verstauchungen ernst – auch wenn sie zunächst harmlos erscheinen. Die konsequente Anwendung der PECH-Regel (Pause, Eis, Compression, Hochlagern) in den ersten Stunden kann entscheidend für den Heilungsverlauf sein. 

Meine wichtigsten Empfehlungen: 

  1. Im Zweifel immer ärztlich abklären lassen 

  2. Geduld bei der Heilung – Eile schadet oft 

  3. Physiotherapie nicht unterschätzen 

  4. Präventionsmaßnahmen ernst nehmen 

  5. Bei wiederkehrenden Problemen Ursachen suchen 

Wichtig: Vertrauen Sie Ihrem Körpergefühl. Wenn etwas "nicht stimmt", lassen Sie es untersuchen. Eine frühzeitige, korrekte Behandlung erspart Ihnen oft langwierige Probleme. 

Haben Sie eine Zerrung oder Verstauchung erlitten oder möchten Sie sich über Präventionsmaßnahmen informieren? Gerne berate ich Sie individuell über die optimale Behandlung und den Heilungsverlauf. 

Denken Sie daran: Jede Verletzung ist eine Chance, Schwachstellen zu erkennen und zukünftige Probleme zu vermeiden. 

 

Hinweis: Diese Informationen ersetzen nicht die ärztliche Diagnose und Behandlung. Bei Verletzungen suchen Sie bitte zeitnah einen Facharzt auf. 


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